Iris Thürmer thematisiert in ihren Arbeiten den Gebrauch von Sprache, die gesprochen oder gedruckt, als Fragment, Symbol oder Schriftstück, in Form von Bildern oder Graffity den Alltag begleiten. Inhaltlich sucht Iris Thürmer sehr bewusst die Nähe zur eigenen Biografie. Sie nimmt Bezug auf Orte, an denen sie arbeitet, auf Personen, die ihr begegnen, auf Zeitgeschehnisse, Natureindrücke. Tagebuchartig entstehen Zeichnungen, Gouachen, Collagen, die Erlebtes, Erfahrenes, Vergessenes sichtbar machen, Bruchstücke des Lebens, das von Wandel und Kontinuität geprägt ist, Mittel und Form, Lebenszeit zu strukturieren.
Ihren Bildern geht zunächst ein ständiger Prozess der geistigen Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Sprache voraus. Fragen wie "kann ich mit Sprache eine korrekte, einer Situation gerecht werdende Aussage machen? (Ich mache eine Aussage und widerrufe sie im nächsten Augenblick. Ich mache eine neue Aussage und widerrufe sie, weil auch sie mir nicht angemessen, nicht wahr erscheint. )" spielen auch in der malerischen Umsetzung eine vordergründige Rolle. Der Betrachter trifft in ihren Arbeiten auf ein komplexes aber geordnetes Gefüge mehrerer Mal- und Farbschichten. Schichten intensiver Farben, die Iris Thürmer mit Pigmenten - auch mit Lehm von unterschiedlichen Fundorten -  meist selbst anrührt. Schwarz, eine breite Skala von Erdtönen, Blau, Grün, Gelb, helles Rosa halten die verdichteten Essenzen imaginärer Texte, Tagebuchaufzeichnungen, fiktiver Briefe, Bruchstücke des Augenblicks fest. Essenzen, die, wie Iris Thürmer es selbst nennt, "ihrer Suche nach der Wahrheit näher zu kommen schienen, in ihrer Wirkung aber einen fast nicht erträglichen Lärm erzeugten, Schwindel, Kopfschmerz, (wie, wenn der Abspann eines Films zu schnell gezeigt wird und man vergeblich versucht, ihn zu lesen". Als Reaktion darauf hat die Künstlerin einige dieser Arbeiten "zum Verstummen gebracht" und schwarz übermalt.
Die Arbeiten von Iris Thürmer bleiben trotz der inhaltlichen Bezüge auf Sprache nicht erzählerisch sondern abstrakt. Das Bildhafte spielt keine eigentliche Rolle mehr, wichtig erscheinen der Künstlerin das Spielerische, das Gestische, das Haptische, die Intensität, die Einfachheit, das Geordnete. Zwar wecken auftauchende Bruchstücke von Zeichen beim Betrachten Assoziationen und spielt die Künstlerin in einigen Arbeiten selbst mit dem Reiz, geheime Absichten und Wünsche an öffentlichen Orten zu präsentieren, doch gilt in der Bildkomposition ihr Interesse zunehmend den Mitteln - dem spielerischen Finden struktureller Systeme, die vortäuschen, Sprache zu sein, der Reduzierung auf Struktur bzw. Rhythmus, dem Bewegen an der reizvollen Grenze zwischen Lesbarkeit  und reiner Struktur, die teils durch Überlagerung, Auslöschung entsteht, teils durch Reduzierung  auf einfache Flecken, die zu „Löchern“ in der Leinwand werden."
Dr. Katja Schlenker, 2005

 
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